Zurück zur Natur hat heute vor allem etwas mit Nach-vorn-Denken zu tun.
Gedankenlosigkeit ist out, bewusster leben in. Was wie eine vorübergehende Modeerscheinung klingt, hat nur bedingt etwas mit Mode zu tun. Vielmehr ist der Sinneswandel vieler Menschen das Ergebnis einer gewachsenen Sehnsucht nach neuer alter Lebensqualität.
Sich Gutes tun ist zeitgemäß.
Wurde auch Zeit.
Früher hießen sie Müßiggänger. Jene, die sich an einem lauen Sommernachmittag in eine Hängematte legten und die Seele baumeln ließen. Es war verpönt, Muße zu haben. Wer Zeit hatte, hatte nichts zu tun. Und wer nichts zu tun hatte, war nicht wichtig. Das ist anders geworden. Die Welt denkt um.
Ob man es glauben will oder nicht, der Trend zu Bio-Produkten trägt einen erheblichen Teil zu diesem Umdenken bei. Denn hier dürfen Tiere würdig aufwachsen. Brotteig langsam gehen. Samen in Ruhe keimen. Der Bio-Boom hat seit einigen Jahren mächtig an Fahrt aufgenommen – und vermittelt doch den Wert der Langsamkeit. Bio ist gesellschaftsfähig geworden. Und zwar auch da, wo die „Ökos“ oder „Müslis“ einst eher belächelt wurden. Das Verständnis für eine nachhaltige Lebensweise ist heute weniger ein Politikum als vielmehr eine Philosophie. Denn viele Menschen, die den Geschmack einer erdigen Möhre aus ökologischer Landwirtschaft zu schätzen wissen, Eier glücklicher Hühner lieben und nicht immer Fleisch in der Wurst brauchen, entdecken irgendwann auch noch etwas anderes: ein ganz neues (Verantwortungs-)Bewusstsein – sich selbst, aber auch der Umwelt gegenüber.
Die Bio-Branche begegnet dem gewachsenen Bedarf mit einem entsprechenden Angebot. Was noch vor einigen Jahren allenfalls im Bio-Laden nebenan oder beim Bauern um die Ecke erhältlich war, liegt heute in den Regalen etablierter Supermarktketten genauso wie in reinen Bio-Supermärkten. Auffällig dabei: Den Verbrauchern wird in diesem Zusammenhang auch das Thema Regionalität immer wichtiger. So, wie insgesamt die Herkunft eines Produktes eine immer größere Rolle spielt. Hier müssen Lebensmittelindustrie und Handel den gewachsenen Ansprüchen der Käufer Rechnung tragen.
Im Zeitalter der Digitalisierung kann durch Food-Tracking eine größtmögliche Transparenz geschaffen werden. So führt etwa ein QR-Code auf der Verpackung bis zum Ursprungsproduzenten zurück. Damit lässt sich die Herkunft eines Produktes eindeutig nachvollziehen. Was heute im konventionellen Markt Einzug hält, ist nicht zuletzt dem Bio-Trend geschuldet. Bereits vor 10 Jahren sorgte hier beispielsweise die Bewegung Followfish für lückenlose Rückverfolgbarkeit und Transparenz von Fischprodukten – und dafür, dass Produzenten wieder ein Gesicht bekamen. Damit wird die Vision, durch Konsum die Welt zu verändern, tatsächlich zu einem Stück Realität. Dabei darf Einkaufen ein Erlebnis sein.
Ökologisch und sozialverträglich hergestellte Mode findet sich immer öfter in sogenannten Konzeptläden. Reformhäuser haben die Anmutung von Wohlfühl-Oasen, die neben der typischen Reformware häufig auch alles für den täglichen Bedarf bereithalten – angefangen bei Obst und Gemüse über Molkereiprodukte bis hin zu frischem Brot. Und insbesondere in großen Städten geben gut sortierte Bio-Supermärkte einem nachhaltigen Lebensstil das nötige Quäntchen Selbstverständnis. Dazu kommt, dass auch die Kosmetikbranche mit ihrem Angebot an Naturkosmetik das Konsumverhalten der Kunden spiegelt. Natürliche Wirkstoffe und Produkte in Bio-Qualität sind zu einem wichtigen Bestandteil geworden – nicht nur in einschlägigen Geschäften, sondern beispielsweise auch in Friseursalons und Kosmetikstudios.
Fehlt vielerorts nur noch die Zeit, sich das Gute nicht nur zu gönnen, sondern es auch mit Muße zu genießen. Da kann es schon helfen, sich für den Anfang allwöchentlich seine Bio-Kiste nach Hause liefern zu lassen. Online bestellt in die reale Welt. Dies gilt übrigens für den Bio-Einkauf insgesamt, denn beinahe alle größeren Bio-Supermärkte und auch Reformhäuser verbinden sich über Online-Shops mit ihren Kunden und sind damit an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr erreichbar. Und sind die Produkte erst mal im Haus, kommt die Zeit zum bewussten Zelebrieren vielleicht ganz von selbst.