Ehemalige IBM-Zentrale Deutschland

Aus dem Eiermann Campus wird
der Garden Campus

Seit acht Jahren steht der ehemalige Eiermann-Campus in Vaihingen schon leer, nun soll daraus ein lebendiges Stadtquartier werden. Der Siegerentwurf für die Bebauung des früheren IBM-Areals kommt von zwei Münchner Architekturbüros, die sich eine markante Konstruktion erdacht haben: Einen 450 Meter langer Gebäuderiegel mit Wohnungen, der den Lärm von der Autobahn schluckt.

Architektur Baden-Württemberg: Eiermann Campus Stuttgart

Der Architekt und Designer Egon Eiermann und sein Modell des IBM-Headquarters (Eiermann-Campus)

Ein urbanes Stadtviertel mit viel Wohnraum, überall großzügige Freiflächen und Aufenthaltsplätze und ein rund 450 Meter langer Gebäudekomplex, der gleichzeitig als Lärmschutzwand der innovativen Art fungiert: So soll es also in naher Zukunft aussehen, das sogenannte Eiermann-Areal in Stuttgart-Vaihingen, das zur neuen Gestalt schon bald auch einen neuen Namen tragen wird: Garden Campus Vaihingen. Mit diesem städtebaulichen Konzept haben die Münchener Büros Steidle Architekten und Realgrün Landschaftsarchitekten den viel beachteten Wettbewerb entschieden, den die Landeshauptstadt Stuttgart ausgeschrieben hat, um das Brachland rund um die einstige IBM-Hauptverwaltung endlich wiederzubeleben.

Mit 16:1 Stimmen hatte sich das Preisgericht Ende vergangenen Jahres für das Modell entschieden, das bei dieser Gelegenheit von vielen Seiten gelobt wurde. Der Campus werde endlich wieder wachgeküsst, betonte etwa Stuttgarts Baubürgermeister Peter Pätzold. Es zeichne sich ein modernes Stadtquartier ab, das als Ganzes funktionsfähig sei. Ganz besonders angetan ist der Architekt von dem bewohnbaren Lärmschutzriegel, wegen der gewundenen Form auch „Schleifenhaus“ genannt, der ein „wahrlich herausragender“ Entwurf sei, so Pätzold. Das Architekturbüro habe damit auf innovative Weise „einen Problemlöser in ein Gestaltungselement umgewandelt“. Und auch der Jury-Vorsitzende und Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, Markus Müller, lobte den gekürten Vorschlag insbesondere mit Blick auf das Schleifenhaus in den höchsten Tönen.

Architektur Baden-Württemberg: Eiermann Campus Stuttgart

Impressionen des ehemaligen Eiermann Campus (v.l.n.r.): Eingang & Foyer

Architektur Baden-Württemberg: Eiermann Campus Stuttgart

Der Grund für die markante Konstruktion aus viel Glas liegt gleich nebenan und ist auf dem Areal momentan noch kaum zu überhören: Das Autobahnkreuz Stuttgart, das zu den meist befahrenen Strecken in ganz Deutschland gehört. Im Entwurf der siegreichen Architekten schlängelt sich nun ein 450 Meter langer Gebäudekomplex so geschickt zwischen den Autobahnen auf der einen und den Kulturdenkmalen auf der anderen Seite durch, dass später kaum noch etwas vom Dauerrauschen bleiben wird. Dafür sorgt eine durchgehende Glaswand am Schleifenhaus, die den Schall von den Fernstraßen schlucken soll. Direkt hinter der Wand haben die Architekten Laubengänge geplant, die zu den jeweiligen Wohnungen führen. Die Wohnräume selbst, die im Inneren des Gebäudekomplexes angeordnet werden, sind allesamt zum Zentrum des Areals ausgerichtet. Dieser Kunstgriff schaffe „einen Mehrwert für die gesamten Flächen“ hinter dem Lärmschutzriegel, so Pätzold.

Gleichzeitig sieht der Entwurf der Architekten eine urbane und dichte Bebauung von Vierteln mit betont städtischer Anmutung vor. Die Quartiere sollen nach außen geschlossen wirken, nach innen aber großzügige Aufenthaltsflächen und Plätze bieten. So ist beispielsweise zwischen den denkmalgeschützten Bauten des Architekten Egon Eiermann, die erhalten bleiben und in das Gesamtkonzept integriert werden, ein parkartiger Platz mit See und ein etwa 50 Meter hohes Punkthaus mit Apartments vorgesehen.

Auch Investor Mathias Düsterdick, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Gerch-Group, ist glücklich über das Wettbewerbsergebnis, auch wenn der anspruchsvolle Entwurf eine ebenso aufwendige Umsetzung verspricht. Insgesamt rechnet Mathias Düsterdick mit einer Gesamtinvestition in der Größenordnung von 750 Millionen Euro, einschließlich der Sanierung der vier Pavillons von Egon Eiermann. Diese hätten nach ursprünglichem Plan des Insolvenzverwalters bereits 2013 abgerissen werden sollen, nachdem das Areal seit Umzug von IBM im Jahr 2009 leer gestanden hatte und zuvor eine Neubelebung des Geländes unter dem Namen „Carré 5“ gescheitert war. Nun sind alle Beteiligten zuversichtlich, dass das geschichtsträchtige Areal auch in Zukunft wieder einen klangvollen Namen haben wird.

Markus Heffner